Pop-up-Radweg auf der Kaiser-Friedrich-Straße – Wovor fürchtet sich die Verkehrspolitik des Bezirks? Eine Glosse

Das Netzwerk Fahrradfreundliches Charlottenburg-Wilmersdorf forderte mit dem Aufkommen der Pop-up-Radwege in Berlin und der Einrichtung eines dieser Wege auf der Kantstraße Anfang letzten Jahres ebenfalls die Einrichtung eines Pop-up-Radweges auf der Kaiser-Friedrich-Straße. Wie auch bei der Kantstraße, die höchstpersönlich vom Leiter der Verkehrslenkungsbehörde der Senatsverwaltung und nicht dem Bezirk geplant wurde, hat das Netzwerk seine Unterstützung angeboten und die Planungsleistungen für die Bezirksverwaltung übernommen. Der Plan liegt dem Bezirksamt seit Oktober 2020 vor, passiert ist nichts – wie kommt es dazu?

Wovor hat der verkehrspolitisch verantwortliche Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger Angst?

Sind es Widersprüche der übergeordneten Verkehrspolitik? Nein, denn auf EU– und Bundesebene ist die nachhaltige Mobilität – wozu der Radverkehr zählt – übergreifender Konsens und einheitliches Ziel. Ebenso setzt sich die rot-rot-grüne Landesregierung in ihren Koalitionsvereinbarungen (siehe S. 39 ff.) dieses Ziel und bekräftigt dies mit dem Thema Mobilitätswende auf den Seiten der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, die ebenso von einer grünen Senatorin geführt wird. Politische Rückendeckung in der Koalition und in der rot-rot-grünen Zählgemeinschaft in Charlottenburg-Wilmersdorf wäre also gewiss.

Ist es die Judikative, deren gerichtliche Entscheidungen Sorge bereiten könnte? Nein, teilweise sind die Gerichte sogar progressiver als so manch politische Partei und Kommunalverwaltung, wie jüngst die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Schärfung des Klimaschutzgesetzes zeigte. Ebenso wurden in Berlin gerichtlich Dieselfahrverbote streckenabschnittsweise angeordnet. Auch das Berliner Mobilitätsgesetz gibt volle Rückendeckung und fordert sogar Radwege entlang von Hauptverkehrsstraßen (vgl. § 43 MobG BE). Das Oberverwaltungsgericht hat auch im Januar 2021 entschieden, dass die Pop-up-Radwege rechtmäßig angeordnet wurden, nur sollte ihre Begründung sich explizit auf die Gefahrenlage beziehen.

Sind es die Menschen, die sich gegen die Einrichtung der Pop-up-Radwege stellen? Natürlich kann dies nicht eindeutig beantwortet werden, da die Meinungen dazu variieren. Festzuhalten bleibt: Die Menschen in Deutschland werden immer umweltbewusster und fordern den Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur in Berlin ein. Gegen die Einrichtung der 25 km Pop-up-Radwege in Berlin hat niemand protestiert. Ängste, dass Kunden dadurch weniger Ausgaben in den Geschäften tätigen, sind hinreichend widerlegt und das Gegenteil bewiesen worden. Natürlich sollten aber alle Interessen bei der Einrichtung in den Planungen berücksichtigt werden und vorab bereits Lieferzonen und Sonderparkplätze Teil der Anordnung sein.

Bleibt nur noch eine Instanz: die Verwaltung selbst – das ist des Pudels Kern. Die größte Hürde stellt die Bezirksverwaltung dar. Die vom Netzwerk komplett erstellten Pläne wurden zunächst nicht ordnungsgemäß bei der Senatsverwaltung eingereicht. Dann wurde lange Zeit die Feuerwehr gegen die Radwege ausgespielt, da sie maximal 12 m von den Fassaden eine Aufstellfläche von 5,50 m benötigt, um im Einsatzfall Menschenleben aus den obersten Geschossen in Berlin zu retten. Als auch dies geklärt wurde, musste final die Handlungsunfähigkeit der Bezirksverwaltung eingeräumt werden. Die im letzten Jahr eingestellten Radverkehrsplaner des Bezirks hätten keine Zeit, rechtlich würde der Bezirk die Aufgaben der Anordnung und Einrichtung nicht durchhalten können, die Senatsverwaltung könne doch die Planungen für den Bezirk übernehmen… Nicht einmal die Übernahme der Planungsleistung durch das Netzwerk befähigt die Bezirksverwaltung, zu agieren und den Status Quo des Verkehrs im Bezirk proaktiv zu verändern. Ganz im Gegenteil werden die Radverkehrsprojekte gegeneinander ausgespielt und argumentiert, dass doch bereits Planungen in der Krumme Straße stattfinden und dies alle Kapazitäten binden würde.

Die Kaiser-Friedrich-Straße ist eine dreispurige Stadtstraße für den Autoverkehr ohne Radverkehrsinfrastruktur. Dass es dort einer separaten Radverkehrsinfrastruktur bedarf, ist offensichtlich. Der Trend, dass Fahrrad in Zeiten der Pandemie stärker genutzt wird, kann dadurch gestärkt und ein wichtiger Beitrag zur notwendigen Transformation der Städte geleistet werden. Erst die Einrichtung eines Radwegs auf der Kaiser-Friedrich-Straße wird es ermöglichen, dass nicht nur unerschrockene Radfahrende diese Nord-Süd-Verbindung im Bezirk nutzen, sondern auch Menschen, die sichere Infrastrukturen verlangen. Wer Radwege sät, wird glückliche Radfahrende ernten! Daher protestiert das Netzwerk Fahrradfreundliches Charlottenburg-Wilmersdorf am Freitag, den 11.6.2021 von 16 bis 18 Uhr auf der Kaiser-Friedrich-Straße für die Einrichtung dieses Pop-up-Radwegs.